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„Ein Gerücht macht die Runde, und das lautet: Seit Papst Franziskus der katholischen Kirche vorstehe, sei diese in Unruhe geraten. Dabei geht es nicht nur um sein Auftreten, das deutlich erkennbar anders ist als dasjenige seiner Vorgänger und manche zu befremden scheint. Mit dem Erscheinen des postsynodalen Schreibens „Amoris Laetitia“ zu Fragen von Ehe und Familie begann nun auch ein heftiger Streit darüber, ob Franziskus die Lehre verändert und so mit der Tradition gebrochen habe.“ (Magnus Striet in Herder Korrespondenz Februar 2017, S.13)

Offenkundig wurde der innerkirchliche Dissens durch die sogenannten dem Papst übersandten „Dubia“ von 4 Kardinälen, die sich vor allem auf die

Fußnote 315 des postsynodalen Lehrschreibens „Amoris Laetita“ beziehen. Die Kardinäle unterstellen darin dem Papst mehr oder weniger direkt ein Aufweichen, bzw. Abweichen von der unumstößlichen Lehre der Kirche. Der Umgang der Kirche mit Geschiedenen und Wiederverheirateten ist dabei ein Kernthema. Die barmherzige Menschenliebe Gottes, die Papst Franziskus in Wort und Tat in das Zentrum seiner Amtsausübung stellt und seine Überzeugung, dass jeder Mensch in seiner Freiheit Gott gegenüber sein Tun verantworten und im Gewissen klären muss, sehen seine Gegner als Verstoß gegen die reine Lehre der Kirche. Weil die 4 Kardinäle, zu denen auch der deutsche Kardinal Walter Brandmüller gehört, ihr Schreiben an den Papst nach einiger Zeit veröffentlicht haben mit der Begründung, bisher weder eine Antwort noch ein Gesprächsangebot bekommen zu haben, hat sich nun auch eine Unterstützeroffensive für Papst Franziskus gebildet. Angeregt und geleitet wird diese Offensive von dem Pastoraltheologen Paul M. Zulehner und dem Theologen und Soziologen Tomás Halík. Ihr Aufruf zu Unterstützung und Solidarität mit Papst Franziskus hat inzwischen über 66.400 Unterstützer und Unterzeichner gefunden. Diese Unterschriften werden die Initiatoren mit folgendem Schreiben an den Papst weiterleiten:


„Hochgeschätzter Papst Franziskus!

Ihre pastoralen Initiativen und deren theologische Begründung werden derzeit von einer Gruppe in der Kirche scharf attackiert. Mit diesem öffentlichen Brief bringen wir zum Ausdruck, dass wir für Ihre mutige und theologisch wohl begründete Amtsführung dankbar sind.

Es ist Ihnen in kurzer Zeit gelungen, die Pastoralkultur der katholischen Kirche von ihrem jesuanischen Ursprung her zu reformieren. Die verwundeten Menschen, die verwundete Natur gehen Ihnen zu Herzen. Sie sehen die Kirche an den Rändern des Lebens, als Feldlazarett. Ihr Anliegen ist jeder einzelne von Gott geliebte Mensch. Das letzte Wort im Umgang mit den Menschen soll nicht ein legalistisch, sondern ein barmherzig interpretiertes Gesetz haben. Gott und seine Barmherzigkeit prägen die Pastoralkultur, die Sie der Kirche zumuten. Sie träumen von einer „Kirche als Mutter und Hirtin“. Diesen Ihren Traum teilen wir.

Wir bitten Sie, von diesem eingeschlagenen Weg nicht abzuweichen, und sichern Ihnen unsere volle Unterstützung und unser stetes Gebet zu.

Die Unterzeichnenden“

Die Gegner von Papst Franziskus schweigen weiterhin nicht. In einem langen Interview in der Frankfurter Allgemeinen hat Kardinal Brandmüller seine Sicht der Dinge verteidigt und begründet: „Wenn ich dezidiert Nein sage zu der Verkündigung, riskiere ich mein ewiges Heil, so es sich um ein Dogma handelt. …Es ist Dogma, dass die Ehe ein Sakrament und infolgedessen unauflösbar ist…Wenn jemand also meint, dem definierten Dogma eines Allgemeinen Konzils widersprechen zu können, dann ist das schon eine heftige Sache. Eben das nennt man Häresie …“ (FAZ v.28.10.17) Kardinal Marx, DBK-Vorsitzender, stellt sich ganz klar und eindeutig auf die Seite von Papst Franziskus. „Die tiefste Entscheidung           
wird im Gewissen gefällt. Das ist immer die Lehre der Kirche gewesen. Das sind ja die am meisten umstrittenen Punkte von der Synode bis jetzt zu den Diskussionen nach „Amoris Laetitia“. Da geht es einmal um die Frage der Situation, in der sich jemand befindet. Die Schwierigkeit besteht darin, objektiv von außen zu sagen, jemand sei in einem Zustand der Todsünde. Ohne Blick auf die Gewissenssituation des Einzelnen, ohne Blick auf seine Realität, auf die konkreten Umstände ist eine wirklich umfassende und die Schwere der Schuld bewertende Beurteilung nicht möglich …Es geht darum, die Gewissen zu bilden und nicht zu beherrschen, sagt der Papst.“ (Kardinal Marx, Herder Korrespondenz Januar 2018, S.20)

Interessant ist, dass die Papstgegner jetzt auch den emeritierten Papst Benedikt XVI. angreifen. Der
italienische Theologe und Philosoph Enrico Maria Radaelli, der zu den Unterzeichnern der ‚Zurechtweisung‘ von Papst Franziskus gehört, wirft in einem soeben erschienenen Buch Benedikt XVI. vor, er sei ein Modernist mit traditionellem Vokabular und damit, so hört man heraus, auch ein Wegbereiter für Papst Franziskus. Letztlich, so kann man vermuten, haben diese Kritiker wohl das 2. Vatikanische Konzil noch nicht verarbeitet.

Weitere Informationen über die Unterstützeraktion ProPopeFrancis finden sich auf der Homepage der Initiative, dort werden auch noch weitere Unterschriften gesammelt.

Homepage: www.pro-pope-francis.com.

Christa Herrmann